Kate, so wunderbar! Aber dann?

Nachruf auf die königliche Hochzeit

 

Gestern habe ich ein Dejavus erlebt. Wieder einmal, wie vor vielen Jahren verfolgte ich gebannt ein königliches Ereignis. Das letzte Mal war es das Ende eines Lebens. Gestern war es der Anfang. Die frischgefällten Bäume in der Kirche verliehen der Zeremonie einen natürlichen Glanz. Die gleiche Limousine fuhr durch die gleichen Straßen. Die gleichen Fähnchen schwenkten. Waren es auch die gleiche Menschen? Wir sind alle älter geworden. Das Leben rauscht dahin. Die Bäume rascheln. Die Kirchenglocken läuten. Du warst wunderbar, Kate! Eine wahre Prinzessin. Das Kleid, die Haare. Aber dann? Bald werden alle Frauen lange, dunkle Haare tragen. Die Modelcontests werden neuen Zulauf bekommen, weil sie ein Quentchen von dem versprechen, was Du gestern bekommen hast. Den Glanz der Sorglosigkeit, der Berühmtheit und des grenzenlosen Glücks. Kate, ich wünsche Dir, daß Du ein glückliches Leben hast. Daß Du die Chance bekommst, mehr zu entdecken, außer Landminen, böse Schlagzeilen und etwaige Unarten Deines lieb lächelnden Ehemannes. Ihm wünsche ich, daß er es schafft, sich herauszuschälen aus seiner übermächtigen Imagehülle aus der tonnenschweren Vergangenheit und den holzgeschnitzten Bildern seiner antiseptischen Heldentaten im Militärdienst. Daß die Grenzen und Mauern sich um Euch herum öffnen und Ihr dieser Welt etwas geben könnt, wonach sich alle sehnen: Das Gefühl, so sein zu können, wie man ist. Natürlichkeit. Daß es wunderbar so ist, wie man ist. So, wie Ihr gestern gelächelt habt. Daß sie endlich aufhört, diese Hetzjagd nach dem schnellen Geld und dem falschen Ruhm.  Ich hoffe, daß das Glück Eures Lebens Wurzeln schlägt, wie es die Bäume in der Kirche signalisiert haben. Und daß es sich auf diese Welt überträgt. Euer glücklicher Tag war das Ende einer alten und der Anfang einer neuen Zeit. Aber das ist bis jetzt nur die Chance. Füllt sie mit Leben an! Aber schnell, denn die Bäume in Eurer Kirche hatten keine Wurzeln mehr!

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