Christian Seidel: Unklar ist, warum es Aufkehrblasrohrmaschinen gibt?

Lukas Lessing: Das, lieber Christian, ist eine völlig unbeantwortbare Frage – abgesehen davon, dass die vordergründige Antwort auf der Hand liegt – damit die Aufkehrblasrohrmaschinenhersteller etwas verdienen. Diese Ungetüme heißen übrigens, wie ich mich grade schlau gemacht habe, Laubbläser oder Laubgebläse, was die Sache auch nicht besser oder gar sinnvoller macht, sondern ganz im Gegenteil: Wir sehen, diese Maschinen werden zweckentfremdet eingesetzt. Ich habs mit eigenen Augen gesehen, diesen Winter, in Berlin, im Volkspark Friedrichshain, während der sogenannten Schneekatastrophe, die freilich nichts anderes war als ein normaler mitteleuropäischer Winter: Da ging ein Angestellter der Stadt durch den verschneiten Park, der ungefähr so groß ist wie der halbe Englische Garten, und hielt so einen Laubbläser auf den Boden, um einen Pfad vom Schnee freizublasen. Ganz langsam ist der gegangen, Schritt für Schritt, im Schneckentempo, sonst hätte das Gerät den Schnee nicht geschafft. Ich konnte nichts anderes tun als dem Mann unentwegt zusehen und darüber nachdenken, dass ich noch nie so ein treffendes Bild von der Vergeblichkeit alles menschlichen Handelns sehen durfte wie eben dieses, zumal der schmale freigepustete Weg hinter dem Mann im dichten Schneetreiben binnen Minuten wieder verschneit war. Und auch kein so trauriges Bild von eben dieser Vergeblichkeit. Unklar war mir dabei nur, warum der Mensch die Vergeblichkeit seines eigenen Handelns selten selbst überblicken kann?

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