Gaddafi, zu Guttenberg und das Futter meiner Katze

Heute habe ich gelogen. Ich bin zu spät aufgestanden und außerdem bin ich unfreundlich gewesen. Später fing ich an, mich zu verleugnen. Ich habe meine Skype-Mailbox eingeschaltet und da wird gesagt, ich sei nicht da, obwohl ich doch da bin. Ein wertloser Tag mit so vielen Wertepannen. Meine schlechte Laune find damit an, daß ich meiner Katze eine falsche Wirklichkeit vormachte. Sie stand in der Küche vor mir und miaute. Ich kam nicht richtig dazu, meinen Wassertopf für den Tee aufzusetzen, weil sie ständig um meine Fußknöchel herumstrich. Ich wußte: Sie will das Spezialfutter, dieses Hühnergemantsche, das so appetitlich riecht, daß ich jedesmal im Kühlschrank zu einem Zipfel Salami greife, um den Hunger zu stillen, der dadurch verursacht wurde. Ich hatte heute aber keine Salami im Kühlschrank! So sagte ich meiner Katze, daß es ihr Lieblingsfutter heute nicht gibt, obwohl ich genau wußte, wo noch welches versteckt war. Nein! Nur die harten Katzen-Krispies! Diese Lüge gegenüber meiner Katze trug ich mit mir, als ich zum Bäcker marschierte. Es war schon zu spät, als daß es noch frische Rustikos gegeben hätte. Eine wunderbare Gelegenheit, unwirsch vor mich hinzumurmeln: “Si.” “No.”  (Bin in Italien). Die hübsche Bäckerin, mit der ich sonst keine Gelegenheit auslasse, um mit den Blicken und charmanten Bemerkungen über das Wetter, die Hitze, die Sonne, wie gut sie aussieht, wie gesund sie aussieht, so viel Arbeit heute, zu flirten, die wunderschöne Bäckerin war richtig irritiert und kniff sich die Lippen zusammen. Mit noch schlechterer Laune ging ich zurück nach Hause. Unterwegs schmiß ich die Brötchen in eine Mülltonne und betrat ein Cafè. Von draußen habe ich gesehen, daß ein paar besonders hübsche Italienerinnen drin saßen. Hier trank ich also meinen Tee, mit einem Stückchen Zitrone, und schielte zu den Mädchen hinüber, während ich in der Süddeutschen die Geschichten über Gaddafis Gemetzel und zu Guttenbergs Sünden laß. Bereits hier kam ich mir schon ziemlich wertlos vor. Wie ein halber zu Guttenberg, weil ich die Katze angelogen hatte. Wie ein viertelter Gaddafi, weil ich das Brot weggeworfen und die Bäckerin angeraunzt habe. Als ich später zu Hause meine Mailbox anmachte, versuchte ich mich zu entspannen. Ich konnte es erst, nachdem ich meiner Katze das Lieblingsfutter gegeben hatte. Erst dann fühlte ich mich schuldfrei und nicht mehr, wie Gaddafi, zu Guttenberg und Co.

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