Mein liebes Bett

Eine Art Fieberausbruch hat mich heute endlich wieder in einen tieferen Kontakt mit meinem Bett gebracht. Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit bin ich mitten am Tag unter die Decke geschlüpft. Mein Gefühl dabei war von einer zwiespältigen Wohligkeit und vom Anflug eines schlechten Gewissens geprägt. Man geht doch nicht einfach so mitten am Tag ins Bett! Dennoch spürte ich, wie jeder Nerv in mir sofort in den Entspannungsmodus überging. Ich atmete tief durch.

 

Nach einer strapaziösen Woche, in der ich mein Bett mehrmals zu früh und ohne irgendetwas zu sagen allein gelassen hatte (das hängt mir bis jetzt noch nach!), um den 8 Uhr – Flieger pünktlich zu erreichen, brauchte ich dieses Durchatmen, diese Entspannung. Doch leider ist es verpönt, einfach so, ohne krank zu sein, unter der Woche im Bett zu liegen. Ich finde, wir tun unseren Betten damit Unrecht! Sie werden doch immer sofort warm, wenn wir in ihnen liegen. Es ist ihnen egal, wie sehr wir sie vernachlässigt haben. Sie sind uns nie böse, haben kein Ego und sie sind nur für uns da. Und sie werden für das Leben gebaut. Sie werden mit Liebe und Ausdauer ausgesucht. Alleine der Fetischismus mit den Matratzen steht im krassen Widerspruch zum Ausmaß, wie wir sie später nutzen. Wir suchen sie nach sorgfältigsten wissenschaftlichen und orthopädischen Kriterien aus. Dann drehen wir das Bett unweigerlich in die Feng Shui – Position. Also richtig zur Tür stehend, eventuell mit dem Kopf nach Norden. Wenn das nicht geht, wird vielleicht sogar das Schlafzimmer oder die ganze Wohnung gewechselt. Und dann lassen wir unsere Betten die meiste Zeit alleine. Das geht doch eigentlich nicht!

 

Die Vereinsamung meines Bettes ist mir heute sehr nahe gegangen. Es war so lieb zu mir. Immer, mein ganzes Leben lang. Und es ist so wunderbar angenehm da drinnen.

 

Warum muß man beim Arbeiten an Tischen sitzen? So vieles wäre einfacher, wenn in Büros Betten stehen würden. Das Meeting im Bett – es wäre eine Revolution. Denn im Bett kann ich fast nicht mehr böse sein. Ich kann fast nicht mehr kampflustig sein. Vielleicht sollten wir alle mehr ins Bett! Im Bett bin ich zufrieden mit mir selbst. Nein, in meinem eigenen Bett will ich auch kein Meeting haben. Mein Bett gehört nur mir. Aber vielleicht sollte man ein ‘Geschäftsbett’ erfinden?

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