Verallgemeinerungen

Irgendwo während meiner gestrigen S-Bahnfahrt ist meine Erinnerung hängen geblieben.  Zu viel der Bierdosen, abgeschabten Fassaden und lallenden Menschen. Mein Gehirn hat mit dem Verallgemeinern begonnen. Alle sind so. So ist Berlin. Mein Gehirn mag es, wenn es alles über einen Kamm scheren kann. Dann dröhnen die Dämonen und Sirenen unisono: Ja, so ist es! Endlich wissen wirs! Finally sind wir uns absolut sicher! Falsch gedacht. – Heute morgen bin ich ohne Handy aufgewacht. Ich habe alles durchsucht, was es zu durchsuchen gab. Die Aktentasche. Papiere auseinandergefaltet, mein Ersatzhemd ausgeschüttelt, die gesamte Tasche auf den Kopf gestellt, unter allen Möbeln geguckt. Langsam kam meine Erinnerung wieder in Fahrt. Wo sah ich es das letzte Mal? Es muß in der S-Bahn gewesen sein. In jenem Moment, als das Haus mit den Dollarzeichen und den verlorenen Biertrinkern und die Harley an mir vorbeigezogen sind. Ich rufe mich selbst an. Ja, es antwortet jemand. Eine Berlinerin erzählt mir mit sympathischer Stimme, dass sie mein Handy mitgenommen hat. Ich soll rausfahren in ihr Viertel, zu irgendeiner Kneipe. Der Pizzabäcker sei absolut ehrlich. Doch wenn ich pünktlich sei, könne sie es mir selbst übergeben. Vielen Dank Frau Köpping! Ich sag es Ihnen aber gleich: Ich verallgemeinere trotzdem weiter. Jetzt denke ich: Alle Berliner sind ehrlich. Was für eine tolle Stadt. Menschen, denen das Herz auf dem richtigen Fleck sitzt.

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