Christian Seidel: Mir ist unklar, warum wir nie aus Erfahrungen lernen!

Der König der Erfahrungen bin ich selbst! Lukas Lessing: Das ist ja die schwierigste Frage, die du je an mich gerichtet hast, also ehrlich. Könnte ich, beispielsweise, aus Erfahrungen lernen, dann hätte ich vielleicht schon eine Antwort, warum andere das nicht können, doch ich tue es nicht. Ich lerne absolut nichts aus Erfahrungen – oder zumindest nichts aus meinen eigenen, denn das ist die ganze Wahrheit: Gerne lerne ich aus Erfahrungen von anderen. Wenn ich auf einen Berg gehe und sehe, dass eine Seilschaft vor mir an einer Schlüsselstelle scheitert, schlage ich meinen Mitgängern sofort eine andere Route vor. Wenn ich von einem Kollegen höre, dass er mit einem Buchprojekt an die Wand gefahren ist, baue ich diese Erfahrungen sofort in die Konzeption meiner neuen Projekte ein. Aber meine eigenen Routen? Meine eigenen Aufstiege, Bücher, Konzepte: Plane ich ohne Rücksicht auf das bereits Erreichte oder Nicht Erreichte, konzipiere ich ganz so, wie es mir im Moment am besten vorkommt. Das ist vielleicht naiv, aber es ist der einzig mögliche Weg für mich – ich will mir doch nicht mein eigenes Tun von meinen eigenen Erfahrungen beschränken, beschneiden und sonstwie kaputtdenken lassen. Das war aber nur eine persönliche Antwort, denn warum die anderen aus ihren Erfahrungen nicht lernen – davon habe ich keine Ahnung. Aber ich glaube, lieber Christian, wir müssen unsere Erörterung jetzt wieder mal in Richtung Erde lenken, auf die Fragen, bei deren Beantwortung wir wenigstens einander helfen können – denn das war sicher nicht hilfreich für dich. Mir ist zum Beispiel – und das ist nun wirklich eine alltägliche Sache – vollkommen unklar, warum in unseren Wohnungen überall kleine Töpfe mit Erde drin herumstehen, in denen kleine Pflänzchen vor sich hinkümmern, die draußen unter dem freien Himmel wunderbar und prächtig gedeihen würden? Kannst du mir vielleicht das erklären?

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