Lukas Lessing: Unklar ist, warum die Medien Vorbilder aufbauen, um sie wieder zu zerschmettern!?

Christian Seidel: Vielleicht. weil es sonst langweilig wird? Ein Vorbild, das immer gleich scheint, wird nicht mehr wahrgenommen. Vorbilder beschießen die Medien mit den Leuchtstrahlen ihres Images. Immer wieder passiert etwas Neues. Aber irgendwann ist alles passiert. Dann gibt es nichts mehr zu berichten. Eine komplette Imagepersönlichkeit hat sich geformt. Das eizige, was übrig bleibt, ist sie zu bewerten. Die negativen Kritiker sind weniger angreifbar, als die positiven. Ein Vorbild fertig zu machen, ist die Nummer sicher. Die Demontage schafft Platz für neue Vorbilder, neue Geschichten, neue Schlagzeilen. Immer wieder neue. Es wäre fatal für die Medien und die Politik, wenn irgendwann einmal die Generallösung erreicht sein sollte: Alles ist plötzlich in Ordnung und es passiert nichts mehr. Ein Riesenverschleiß an Vorbildern. Sie werden in ihrer Masse unbedeutend. Viel wichtiger sind Vorbilder, die sich nicht verschleißen: Ich frage mich beispielsweise seit Wochen, warum Gaddafi nicht noch mehr fertig gemacht wird? Warum wird er nicht medial auseinandergenommen und filetiert, wie sie das mit dem Guttenberg gemacht haben? Sind nur Menschen, die innerhalb unserer Grenzen leben, medial interessant genug? Wenn das so weitergeht, wird der Zeitpunkt kommen, daß Gaddafi gewinnt. Die Opposition hat schon jetzt nicht mehr genug zu essen. Sie wird abgeschlachtet. Vielleicht sind die übergetretenen Generäle und Minister ja gefaked. Vielleicht ist das alles ein Gaddafi-Spiel, um zu gewinnen! Dann kommt sein Sohn und sagt: Es war doch gar nichts!? War das etwas!? Genauso, wie es Gaddafi vor vielen Jahren schon einmal gemacht hat. Und schon jetzt lachend sagt: “Die lieben mich doch alle!” Mir ist unklar, warum wir aus Erfahrungen nie lernen!?

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